Frankfurter Flughafen, 5:50 Uhr morgens. Die Fans der Frankfurter Eintracht sind auf dem Weg zum Europa League Auswärtsspiel auf Zypern. Einige sitzen im Café und haben um die Uhrzeit bereits ein Bier am Hals. Ich fange mit Kaffee an.
Vormittags im Flugzeug nach Glasgow. Mein Sitznachbar, ein Rangers-Fan, spült seine Diet-Coke mit zwei Whiskys runter. Ich bleibe beim Wasser.
19 Uhr im Gästeblock des Celtic-Parks. So eine Stunde vor dem Anpfiff ist jetzt Zeit für ein Guinness. Was ich nicht wusste ist, dass es seit 1980 in Schottland per Gesetz verboten ist bei Fußballspielen Alkohol auszuschenken. Dann bleibe ich eben weiter beim Wasser. Kommt davon, wenn man die ersten Chancen verstreichen lässt.
Zurück zum Rangers-Fans im Flugzeug. Nach einigem Small Talk musste ich einfach die Frage stellen: “Ist es möglich, in Glasgow Fan von beiden Mannschaften zu sein?”. Dieser Gesichtsausdruck zwischen Ungläubigkeit und Entsetzen – unbezahlbar. Natürlich ist es das nicht. Bei Celtic und Rangers geht es um mehr als Fußball. Das Fan-Sein bestimmt sich aus Familientradition und vor allem Religion. Katholiken halten zu Celtic und Protestanten zu den Rangers. Mein Sitznachbar erzählte, dass er auch Abweichler kennt, also katholische Rangers Fans und protestantische Celtic Fans. Aber ich konnte sein Unverständnis dafür wahrnehmen. Na ja, zum Abschied hat er mir viel Glück für den Abend gewünscht, und dies nicht aus Sympathie für Leipzig.
Zur sportlichen Ausgangslage. In der Europa League Gruppe mit FC Salzburg, Celtic F.C. und Rosenborg Trondheim liegt RB nach drei Spielen mit drei Punkten Vorsprung vor Celtic auf den zweiten Platz. Ein Sieg heute Abend und das Weiterkommen in die nächste Runde ist sicher. Werner, Poulsen und Forsberg fallen alle verletzt aus. Dazu ließ Rangnick Demme und Kampl auf der Bank und dafür Ilsanker auf der Sechser-Position spielen. Das fand ich schon mutig. Und es hat sich das gezeigt, was auch im Heimspiel gegen Salzburg zu sehen war – es gibt Spieler, die aus dem angeblich gleich starken 18er Kader herausstechen und ohne die das RB-Spiel eben ein signifikant niedrigeres Niveau hat. Leider verletzte sich Saracchi bereits nach einer Viertelstunde, somit war eine taktische Wechseloption schon weg. Zur Halbzeit wurde Ilsanker ausgewechselt, der dann eben doch kein Spielgestalter ist, für ihn kam Kampl und somit mehr spielkultur. Ab der 70. Minute durfte noch Demme ran und folgerichtig fiel das Tor für RB. Am Ende bleibt eine irgendwie nicht notwendige 1:2-Niederlage. Verletzungen, Rotation, einmal nicht aufgepasst und zwei Chancen zum Schluss vergeben und dann verliert man so ein Spiel eben. Positiv betrachtet bleiben somit die Gruppe und die letzten beiden Spieltage spannend.
In der kurzen RB-Historie ist es noch leicht, Rekorde aufzustellen. Heute war es das Spiel mit dem größten Auswärtssupport bei einem internationalen Spiel – 2.200 waren es schließlich im Celtic Park. Die Stimmung im Gästeblock war ganz okay. Apropos Stimmung im Celtic Park. Im Vorfeld habe ich gelesen, dass die Atmosphäre hier was ganz Besonderes und mitreißendes sein soll. Am Anfang war es das eher nicht - also schon gut, aber nichts was es nicht auch in vielen anderen Stadien gibt. Es ist nicht so, dass das ganze Stadion ständig singt und tobt. Doch bei den beiden Toren von Celtic, besonders nach dem zweiten trug es einen förmlich weg. Wenn 54.000 Zuschauer hier explodieren – dann ist das was besonderes. Wenn die Niederlage von RB für sonst nix gut war, dann wenigstens dafür, diese Stimmung zu erleben.
Der Celtic Park hat ein Fassungsvermögen von 60.000 Zuschauern. Hier gibt es keine Absperrung zum Spielfeld und der Gästeblock ist mit lediglich fünf freien Stuhlreihen und ein paar Ordnern von den Heimfans getrennt. Beim Einlass wurde mein Rucksack nur alibihaft geprüft und ein Abtasten gab es nicht. Es macht den Eindruck, dass die Zuschauer hier willkommen sind. In anderen Ländern habe ich durch Ausweiskontrolle, Leibesvisitation, hohen Zäunen und noch höherer Polizeipräsenz das Gefühl in einen Hochsicherheitsbereich einzutreten. Hier im Celtic Park geht man einfach zum Fußball.
Am nächsten Tag habe ich zum ersten Mal in meinem Leben an einer Stadionführung teilgenommen. Im Celtic Park natürlich. Ist toll mal die Kabinen zu sehen und durch den Spielertunnel ins Stadion zu gehen. Und dann sitzt man auf der Auswechselbank, sieht die großen leeren Tribünen und erinnert sich, wie 12 Stunden vorher hier alles gebebt hat. Sehr lohnenswert.
Bei der Stadionführung wurde erzählt, dass von den 60.000 Plätzen allein 54.000 als Dauerkarten vergeben sind. Die Saisons vorher waren es um die 40.000. Für diese Saison hätten noch mehr verkauft werden können. Anscheinend hat das Double-Triple die Fanliebe nochmal angekurbelt. Erfolg ist eben sexy.
Zusammenfassend: Tolles Stadion, gute Stimmung. Kann man mal gesehen haben.