Wenn ich meinen heutigen Besuch bei der SG Dynamo Schwerin in einem Wort zusammenfassen müsste, wähle ich: Interessant.
Fangen wir mit Dynamos Spielstätte an: dem „Sportpark Lankow, Platz 5“. Bis 2022 spielte die SG Dynamo Schwerin auf dem Sportplatz Paulshöhe. Die Paulshöhe wurde 1922 eingeweiht und hatte eine Kapazität für 10.000 Zuschauer. 2018 beschloss die Stadt jedoch, das zentral gelegene Stadiongelände als Wohnfläche neu zu nutzen. Das letzte Spiel fand dort im Juni 2022 statt. Danach zog die Mannschaft in die neu bereitgestellte Heimstätte, dem “Platz 5” im Sportpark Lankow, um. Der Sportpark Lankow umfasst aktuell fünf Fußballplätze, einer davon ist die Heimstätte des Stadtkonkurrenten FC Mecklenburg Schwerin. Zur Saison 2024/25 erfolgte die Umbenennung des Dynamo Home-Grounds in „Wolf System Arena“.
Leider hat der neue Ground ein Erscheinungsbild wie ein x-beliebiger Kreisliga-Kunstrasenplatz. Stehplätze sind größtenteils ebenerdig, an der Gerade erheben sich drei eher kleine Stufen. Anfänglich hatte der Ground keine Sitzplätze. Mittlerweile wurde zentral eine überdachte Sitzplatztribüne mit drei Reihen errichtet. Wobei die erste Reihe ebenerdig ist und die Bande davor die Sicht schon einschränkt. Ein Vereinsheim oder Funktionsgebäude gibt es nicht. Der Sanitärbereich befindet sich außerhalb des eingezäunten Grounds in Containern. Auch der Verpflegungsbereich scheint in der Planungsphase keine Beachtung gefunden zu haben. Da steht jetzt hinter der Torseite, also ebenfalls außerhalb des Grounds, ein Grill- und ein Getränkestand. Der Bereich ist rudimentär mit 1 m hohen Gitterzäunen umgeben. Erreichbar ist er zum Glück über einen Durchgang im Zaun. Irgendwie schade, wenn ein alter geschichtsträchtiger Ground wie die Paulshöhe mit einem solchen lieblosen Ground ersetzt wird. Ich war zwar selber nie da, aber auf Bildern sah das schon sehr cool aus. Und bei Europlan zählt die Paulshöhe immer noch zu den fünf meistbesuchten Grounds in Mecklenburg-Vorpommern. Das lag mit Sicherheit nicht nur am Verein, sondern am Ground selber.
Es gab bis zum Schluss noch Versuche, die Paulshöhe zu erhalten - hat aber nichts genutzt. Dass es bei den Fans ein großes Thema war bzw. noch ist, sieht man an den vielen T-Shirt, auf denen die Paulshöhe weiterhin erwähnt ist.
Apropos Publikum: das ist schon speziell. Auf den Stehplätzen links neben dem Eingang und hinter dem Tor steht eine Klientel, die auch auf einer Nazi-Demo nicht auffallen würde. Ein Ordner hatte das Dynamo-Wappen in den Nacken tätowiert und eine Thor Steinar Hose an. Die T-Shirts mit dem Wehrmachtskreuz und dem Spruch „Sport frei" sind bestimmt keine unverfänglichen Fanshirts. Und man muss nur kurz surfen, um auf die Verbindung von Fans zum rechtsextremen Spektrum zu stoßen. Jo, sieht man.
Aus Groundhopping-Sicht finde ich es spannend, diese Subkulturen zu sehen, aus gesellschaftspolitischer Sicht sehr besorgniserregend.
Die SG Dynamo Schwerin wurde ursprünglich 1953 gegründet. Nach der Wende erfolgte eine Umbenennung in PSV Schwerin und später in 1. FSV Schwerin. 1997 schloss sich der 1. FSV Schwerin dann dem niederklassigen FC Eintracht Schwerin an. Womit die Geschichte der SG Dynamo im Prinzip endete. Wer sich für die durchaus verzweigte Geschichte der Schweriner Clubs interessiert, sollte sich unbedingt die Grafik dazu bei Wikipedia anschauen. 2003 wurde der Verein unter gleichem Namen neu gegründet. Das heißt, rein juristisch ist die SG Dynamo Schwerin ein sehr junger Verein. Mir scheint aber, dass die Tradition bei den Fans weiterlebt. Zumindest ist häufig 1953 auf diversen Shirts zu lesen.
Die NOFV-Oberliga umfasst in dieser Saison die Sollstärke von 32 Teams. Das verteilt sich wie folgt:
2 x Thüringen
4 x Brandenburg
5 x Sachsen-Anhalt
5 x Mecklenburg-Vorpommern
7 x Sachsen
9 x Berlin
Die Einteilung der zwei Staffeln erfolgt nach geografischer Lage. Die Teams aus Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen spielen komplett in der Südstaffel, alle Teams aus Mecklenburg-Vorpommern und Berlin in der Nordstaffel. Nur die vier Brandenburger Teams teilen sich auf - Rathenow und Aufsteiger Klosterfelde spielen im Norden, Stahnsdorf und Krieschow im Süden.
Was bringt diese Information fürs heutige Spiel? Eigentlich gar nix, ich fand es nur mal für mich interessant, das aufzuschlüsseln. Das heutige Spiel war ein rein Mecklenburger „Derby“. Wobei das für Neustrelitz knapp 150 km bzw. knapp 2 1/2 h Anfahrtsweg sind. Da ist die TSG deutlich schneller in Berlin als in Schwerin. Neun TSG-Fans standen neben der Spielerbank und ich schätze, es waren nochmal 15 auf der Sitzplatztribüne. Man hat sie bei den beiden Toren jedenfalls deutlich jubeln gehört.
Die TSG Neustrelitz
stand ja mal kurz vor der 3. Liga. Davon sind sie aktuell weit entfernt. Selbst Regionalliga wird es wohl in naher Zukunft nicht mehr werden. Diesen Sommer haben sie etliche etablierte Spieler verloren und sie durch junge Spieler ersetzt. Das erste Heimspiel vergangene Woche ging direkt verloren. Und obwohl sie heute über weite Strecken gefährlicher waren und zweimal geführt haben, stand am Ende die zweite Niederlage. Mal schauen, wo die Reise hingeht, das könnte auch eine harte Saison werden.
Fazit: Das war so spannend, genau deswegen liebe ich dieses Hobby