Heute war ich beim SV Siedenbollentin zu Gast. Siedenbollentin ist eine Gemeinde im Nordosten des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte (historisch gesehen gehörte es zu Vorpommern) und hat gerade einmal 580 Einwohner. Die letzten Jahre haben sie einen steilen Aufstieg, sprich mehrere Aufstiege, hingelegt. 2017 ging es in die Landesliga, 2021 in die Verbandsliga und vergangene Saison gelang ihnen als Meister Verbandsliga Mecklenburg-Vorpommern der Aufstieg in die Oberliga. Wobei der letzte Aufstieg eine interessante Geschichte war. Denn eigentlich lag die SpVgg Torgelow-Ueckermünde an der Tabellenspitze und hatte zwei Spieltage vor Schluss bereits die Meisterschaft gefeiert. Doch dann wurden ihnen wegen Nichterfüllung des Schiedsrichter-Solls drei Punkte abgezogen. Und so waren es plötzlich nur noch vier Punkte Vorsprung, bei einem ausstehenden Spiel für Torgelow und zweien für Siedenbollentin. Siedenbollentin gewann beide Partien und Torgelow kam im eigenen Spiel über ein 0:0 nicht hinaus. Somit sprang Siedenbollentin am letzten Spieltag noch unerwartet an Torgelow in der Tabelle vorbei und wurde mit einem Punkt Meister.
Somit gab es heute die Oberliga-Premiere im Fritz-Reuter-Sportpark. In der Sommerpause wurden eine moderne Anzeigetafel aufgestellt sowie eine Tribüne für 300 Zuschauer gebaut. Es ist schon erstaunlich, was ein so kleines Dorf da auf die Beine gestellt hat.
385 Zuschauer wollten den Saisonauftakt sehen. Das waren knapp 100 mehr als
bei meinem gestrigen Oberligaspiel in der Landeshauptstadt Schwerin. Und es war ein ganz anderes Publikum als gestern. Es wirkte so, als wäre einfach das ganze Dorf da. So eine bunte Mischung durch die Bevölkerung. Es war eine angenehme Atmosphäre.
Logistisch war das noch etwas über dem, was die Verpflegung dort leisten kann. Selbst während des Spiels betrug die Wartezeit am Verpflegungsstand 25 Minuten. Zum Glück hatte man wenigstens halbwegs gute Sicht von dort auf das Spielfeld. Aber gut, es muss ja auch noch Verbesserungsmöglichkeiten geben.
Heutiger Gegner war Eintracht Mahlsdorf. Eigentlich hätte die gar nicht mehr in dieser Liga spielen sollen, denn
am letzten Spieltag der vergangenen Saison haben sie mehr als unglücklich den Aufstieg verpasst. Nun aber ist es nichts mit Regionalliga und damit Eilenburg, Meuselwitz und Greifswald geworden, sondern sie sind hier in Siedenbollentin zu Gast. Ich schätze, so 20 Gästefans waren am Start.
Es gab Chancen auf beiden Seiten, wobei Mahlsdorf seine genutzt hat und zur Pause 0:2 führte. Mahlsdorf erzielte etwas glücklich das 0:3, doch dann kippte das Spiel. Siedenbollentin gelang durch Peterson Appiah das 1:3. Der Name sagte mir doch etwas. Und richtig, Appiah hatte von 2018 bis 2022 beim Greifswalder FC in der Oberliga gespielt und ein Jahr später für die VSG Altglienicke in der Regionalliga. Vergangenes Jahr wechselte er dann zum SV Siedenbollentin in die Verbandsliga.
Unmittelbar nach dem Tor hatte der SVS die große Möglichkeit zum 2:3, vergab aber. Siedenbollentin drückte weiter und Mahlsdorf schwamm. Manchmal weiß ich nicht, welcher Schalter umgelegt wird, dass sich die Kräfteverhältnisse von einer Minute auf die andere so ändern. Karsten Heine, der Gästetrainer, war sichtlich unzufrieden. Als ich in den 1990ern anfing, zu Spielen zu gehen, war ich überwiegend bei Hertha, damals 2. Bundesliga im unsanierten Olympiastadion vor durchschnittlich 5.000 Zuschauern. Und wer war dort Trainer? Genau – Karsten Heine. Mittlerweile ist er 70 Jahre und hat sichtbar immer noch Spaß am Fußball. Den Trainer hier auf dem Dorf nochmal zu sehen, fand ich super.
Mahlsdorf überstand die schwierige Phase und erzielte per Elfmeter das 1:4. Endstand. War schon okay, dass Mahlsdorf gewonnen hat, aber das Ergebnis wirkt viel deutlicher, als es am Ende war. Letzte Saison war ich beim ersten Saisonspiel von
Anker Wismar – Rostocker FC. Der Rostocker FC verlor 0:4 und war so unterlegen, dass ich schon vermutet habe, dass die es sehr schwer haben werden in der Liga (sind am Ende auch ohne Punkt abgestiegen). Das war heute bei Siedenbollentin ganz anders. Ich tippe, dass die locker die Klasse halten, wenn nicht sogar oben dabei sind.