3:2
(0:0, 2:1, 1:1)
Als ich vor 30 Jahren in Berlin gewohnt habe, war es kein Spaß, mit dem Fahrrad durch die Stadt zu fahren. Wobei die schlechte Fahrradinfrastruktur damals kein Alleinstellungsmerkmal Berlins war. In den vergangenen Jahrzehnten haben glücklicherweise viele Städte dazugelernt und sich weiterentwickelt. Nur irgendwie Berlin nicht. In der Stadt bleibt es eher konservativ – wie es schon immer war. Ich bin an diesem Freitagabend für das Eisbärenspiel in die Stadt gefahren, und das Einzige, was ich sehe, sind volle Autostraßen, Baustellen und zugeparkte Straßenränder. Wenn ich mir überlege, wie einfach und entspannt es mittlerweile in Paris ist, sich per Fahrrad fortzubewegen, ist Berlin im Vergleich verdammt rückständig. Dass der Bau weiterer Straßen keinen Stau löst, sondern nur mehr Verkehr erzeugt, ist hinlänglich bekannt. Außer in Berlin. Schade, denn eigentlich ist es eine coole Stadt, aber in der Hinsicht steht sie sich selbst im Weg. Aber gut, die Leute bekommen halt die Politik und die Entscheidungen, die sie gewählt haben.
Genug der Systemkritik – nun zum Spocht. Die Eisbären Berlin tragen ihre Heimspiele in der Uber-Arena aus. Die liegt im Bezirk Friedrichshain im Zentrum von Berlin. 2010 war ich schon mal hier, damals hieß die Halle allerdings noch O2 World (so hieß sie bis 2015, dann bis 2024 Mercedes-Benz Arena und nun seit einem guten Jahr Uber Arena). Und ich glaube, damals war nicht viel Infrastruktur außenrum. Ich kann mich nur an einen großen Parkplatz erinnern. Mittlerweile ist die Gegend dicht bebaut. Es gibt ein großes Einkaufszentrum, zwei Parkhäuser, Hotels und viele Restaurants. Ich habe mal durch den Kalender der Arena geschaut, und da finden an fünf bis sechs Tagen pro Woche Veranstaltungen statt. So spielen neben den Eisbären noch die Basketballer von ALBA hier. Der „Rest“ sind Konzerte, Shows und sonstige Events. Hier scheint somit immer was los zu sein. Zum Geburtstag hat mir meine Mutter ein gemeinsames Sportereignis meiner Wahl geschenkt. Ich hab erst überlegt mit ihr zu VSG Altglienicke - Hallescher FC (irgendwann will ja mal die Regionalliga Nordost komplettieren und der aktuell Altglienicker Ground in Fürstenwalde fehlt mir noch) oder zu Union Klosterfelde - Optik Rathenow zu gehen. Für jemanden, der wie meine Mutter nicht so low-league-affin ist, kann das im nordischen Herbst allerdings eine zähe und kühle Angelegenheit werden. Und dann fiel mir wieder ein, dass es nicht nur Fußball gibt, ich ja erst kürzlich einen grandiosen Sieg der Eisbären gesehen habe und ich mal wieder voll Lust auf ein Heimspiel habe. Und so fiel die Wahl auf das heutige Spiel der Eisbären gegen die Grizzlys aus Wolfsburg. Da es ein Geschenk war, hat meine Mutter sich nicht lumpen lassen und wir hatten Premium Plätze. Top. Die Fankleidungsquote lag heute bei guten 95 %. Fast jeder hatte mindestens ein sichtbares Eisbärenutensil am Körper – Trikot, Schal, Basecap oder alles zusammen. Das hatte ich so nicht erwartet und ich fand es super. Wir, die nichts hatten, sind definitiv heute als Touristen aufgefallen.Vor dem Spiel gab es eine ordentliche Show. Weit vorher läuft unglaublich laute Musik. Wenn es dann Richtung Spiel geht und der Hallensprecher übernimmt, wird zur Einstimmung ein emotionaler „Wir-sind-Berlin“-Trailer präsentiert. Und zum Einlauf der Spieler gibt es eine Feuershow.
Während des Spiels kommt die Stimmung aus der lautstarken Hartmut Nickel Fankurve. Ein kurzer Schwenk zu Hartmut Nickel: Er stammte ursprünglich aus Weißwasser und ging mit 19 Jahren zu den Eisbären. Dort spielte er aktiv von 1963 bis 1974. Nach seiner Spielerlaufbahn wurde er Trainer. Als Jugend-, Co- und Cheftrainer stand er bei den Eisbären bis 2014 hinter der Bande. Und war damit 51 Jahre im Klub tätig. Nach seinem Tod 2019 wurde die Fankurve dann in Hartmut Nickel Kurve umbenannt.Das Auftreten der Kurve ähnelt der im Fußball (Fahnen, Trommel, Gesänge, Wechelgesänge), nur kompakter am kleineren Spielfeld. Die Kurve macht ordentlich Stimmung. Und Klatschpappen oder ähnlichen Mist gibt es auf den Tribünen zum Glück nicht. Die Eisbären haben sich Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben. So reisen sie zu den meisten Auswärtsspielen mit der Bahn an. Und sie haben eben die Papierverschwendung bei den Klatschpappen unterbunden. Ich würde sagen Win-Win.
So ein Eisbären-Heimspiel pendelt zwischen Event und richtigem Sport. Auf der einen Seite diese moderne Event-Arena, auf der anderen Seite diese Fanbindung. Auf der einen Seite die Show vor dem Spiel, auf der anderen Seite der stimmungsvolle Fanblock.Die Eisbären haben aktuell größere Verletzungssorgen und sind wohl auch deswegen in der Vorrunde der Champions Hockey League rausgeflogen. Dafür haben sie, trotz des dünnen Kaders, die letzten vier Ligaspiele gewonnen. Und ich gehe mal davon aus, dass sie als Titelverteidiger erneut die Meisterschaft als Ziel haben.
Heute war es ein spannendes Spiel mit ein paar Toren zum Jubeln. Beide Teams hätten gewinnen können, zum Glück haben die Eisbären die knappe Führung nach Hause gebracht.
Fazit: Hat voll Spaß gemacht.